Polypen & Co.
Terminologie
Der Begriff „Polypen“ ist umgangssprachlich und eigentlich falsch. Es handelt sich bei den Polypen um die sogenannte Rachenmandel (Adenoide). Dieses ist lymphatisches Gewebe (Abwehrgewebe) im Bereich des Nasenrachendaches, also hinter der Nase.
Mit Paukengüssen bezeichnet man eine Sekretansammlung im Mittelohr (hinter dem Trommelfell). Sie sind meist Ausdruck einer schlechten Belüftung, deren Ursache meistens im Vorliegen von vergrößerten oder dauerhaft entzündeten Polypen begründet ist.
Symptomatik
Bei häufigen Infekten wie Schnupfen und grippalen Infekten, kommt es zum Anschwellen der Polypen, wodurch sie selber zum Problem werden. Der Mediziner spricht hier von einer sogenannten Hyperplasie. Eine anhaltende Entzündung der Polypen (Adenoiditis) kann ebenso ein Problem darstellen.
Die Kinder haben eine schlechte Nasenatmung, eine permanente Mundatmung mit offenstehendem Mund, Schnupfen und eine „laufende“ Nase sowie ein nächtliches Schnarchen und ggf. auch Atemaussetzer in der Nacht.
Häufig sind (durch die dann verminderte Mittelohrbelüftung) die Ohren mit betroffen durch die Ausbildung von Paukenergüssen. Dies fällt auf durch eine Schwerhörigkeit insbesondere für hohe Töne (Konsonanten!) und beeinträchtigt bei längerem Bestehen die Sprachentwicklung.
Wann muss operiert werden?
Vergrößerte Polypen sollten dann operiert werden, wenn eine deutliche Beeinträchtigung besteht. Also wenn z.B. der Schlaf dadurch gestört ist oder Atemaussetzer in der Nacht vorliegen.
Paukenergüsse werden operiert, d.h. es wird ein Trommelfellschnitt (Parazentese) oder (seltener) eine Paukenröhrchen-Einlage vorgenommen, wenn die Paukenergüsse länger als drei Monate bestehen.
Operation
Die Operation wird häufig in Kombination aus Polypenentfernung (Adenotomie) und Trommelfellschnitt (Parazentese) ggf. mit Paukenröhrcheneinlage durchgeführt. Der Eingriff kann meistens ambulant erfolgen und wird von den Kindern gut toleriert. Die Eltern leiden häufig mehr, als die Kinder, weil sie sich Sorgen machen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ):
Wann werden Paukenröhrchen gelegt?
Paukenröhrchen werden bei dauerhaften Belüftungsstörungen der Ohren und dauer-haften oder wiederkehrenden Paukenergüssen gelegt, insbesondere dann, wenn im Mittelohr sehr zähflüssiger Schleim vorliegt oder die Polypen früher schon entfernt wurden. Im Falle einer Sprachentwicklungsverzögerung ist man großzügiger mit der Einlage von Paukenröhrchen. Ich persönlich bin mit der Einlage von Paukenröhrchen zurückhaltend. Wenn sie aber erforderlich sind, lege ich zumeist Dauerpaukenröhrchen, welche eine langfristige Belüftung gewährleisten. Diese verbleiben ca. 1 Jahr und fallen nicht von selbst heraus. Bei kleineren Kindern müssen diese in Narkose entfernt werden.
Darf man mit Paukenröhrchen ins Wasser?
Ja, aber man sollte das Ohr z.B. mit Ohrstöpseln schützen, damit keine Entzündungen auftreten. Diese Ohrstöpsel (Otoplastik) sind in der Apotheke erhältlich oder werden vom Hörgeräteakustiker angepasst.
Können Polypen nachwachsen?
Ja, sie können nachwachsen, was aber eine Ausnahme darstellt.
Sollten bei einer Polypenentfernung nicht dann auch die Mandeln entfernt werden?
Nein. Die Mandelentfernung hat einen anderen Indikationsbereich und ist gemessen an der Polypenentfernung viel gefährlicher durch das häufigere Auftreten von Nachblutungen.
Welche Komplikationen können bei einer Polypenentfernung auftreten?
Insgesamt ist der Eingriff sehr unproblematisch sofern keine unentdeckten Erkrankungen wie z.B. eine Blutgerinnungsstörung vorliegen. Die Nachblutungswahrscheinlichkeit ist mit 0.08 % gering. Gelegentlich kann nach der Entfernung von Paukenröhrchen sich das Loch im Trommelfell nicht selbstständig verschließen, so dass eine Ohroperation (Tympanoplastik) erfolgen muss.
Schützt die Polypenentfernung vor Mittelohrentzündungen?
Nicht verlässlich. Nur bei mehr als fünf Mittelohrentzündungen im Jahr sehe ich aus diesem Grund die Notwendigkeit der Operation. Der sinnvollste Schutz gegen Mittelohrentzündungen ist nach meiner Erfahrung die Pneumokokken-Impfung beim Kinderarzt.
Kann man denn problemlos auf die Polypen verzichten? Schließlich handelt es sich um Abwehrgewebe.
Ja, kann man. Die Polypen bestehen aus Abwehrgewebe, aber bei häufigen Infekten kommt es zum Anschwellen der Polypen, wodurch sie selber zum Problem werden. Die Polypen gehören zum sogenannten Waldeyerschen Rachenring. Dieser setzt sich zusammen aus Adenoiden (Polypen), Tonsillen (Mandeln), Zungengrundtonsille (Abwehrgewebe im Bereich der Zungenwurzel) und dem lymphatischen Gewebe des Rachens. Beim Wegfall der Polypen wird die Abwehr von den anderen Anteilen des Waldeyerschen Rachenringes kompensiert.
Haben alle Kinder Polypen?
Ja. Nur in unterschiedlicher Ausprägung und Größe. Nicht immer stellen sie ein Problem dar und nicht jedes Kind, was ein bisschen schnarcht muss direkt operiert werden.
Kann man die Polypen sehen?
Bei Kindern, die sich gut untersuchen lassen, ist es möglich die Polypen mit einem Endoskop (z.B. 70°-Optik) zu sehen und zu beurteilen, ob eine Operation sinnvoll ist. Auch mit einem Stirnspiegel und sehr hellem Licht kann der geübte Untersucher anhand des fehlenden Lichtreflexes im Nasenrachen (durch die Nase sichtbar) beim Sprechen von „K“-Lauten die Größe der Polypen abschätzen. Bei älteren Kindern und Erwachsenen kann eine flexible oder starre Endoskopie durch die Nase erfolgen.
Gibt es eine konservative Therapie um eine Operation zu vermeiden?
Es ist ggf. möglich die (angeschwollenen) Polypen mit einem Cortison-Nasenspray wieder abzuschwellen. Hierbei handelt es sich um einen off-label-use, d.h. dass das Cortison-Nasenspray für diese Indikation nicht zugelassen ist.
Was macht man bei einem einseitigen Paukenerguss?
Bei einem einseitigen Paukenerguss wird man länger abwarten, bevor man operiert, da die Einschränkung des Hörvermögens von dem gesunden Ohr kompensiert wird. Bei längerem Bestehen (ca. 6 Monate) ist aber auch die Operation angezeigt, damit das Ohr keinen Schaden nimmt. Anders verhält es sich bei einer starken Einziehung des Trommelfells (Trommelfell-Retraktion). Hierbei muss früher operiert werden, damit sich kein Adhäsivprozess (extreme Trommelfelleinziehung mit Kontakt des Trommelfells zu anderen Mittelohrstrukturen) ausbildet.
Und was passiert, wenn man nicht operiert?
Bei therapiebedürftigen vergrößerten Polypen und länger bestehenden Paukenergüssen haben die Kinder:
permanente Mundatmung -> chronischer Reiz -> Gaumenmandelvergrößerung -> mechanische Behinderung -> schlechte Esser/obstruktives Schlafapnoe-Syndrom
gestörter Schlaf -> gestörte Konzentration -> schulische Leistungsfähigkeit sinkt
ständig Schnupfen -> gehäufte Infekte und wiederkehrende Bronchitis
Hörminderung -> Nachteile in der Sprachentwicklung
gestörte Mittelohrbelüftung -> chronische Mittelohrerkrankungen z.B. Cholesteatom
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