Intratympanale Kortikoidtherapie (ITC)

 

 

Generelles

Die intratympanale Kortikoidtherapie (kurz: ITC) ist eine Methode zur Behandlung des Hörsturzes, des akuten Tinnitus und des Morbus Menière.

Nach örtlicher Betäubung des Trommelfells wird mit einer feinen Nadel das Trommelfell durchstoßen und Kortison (ggf. zusätzlich mit der Trägersubstanz Hyaluronsäure) in das Mittelohr injiziert. Das Kortison kann damit in unmittelbarer Nähe des Innenohres seine entzündungshemmende Wirkung entfalten und gelangt primär nicht in die Blutbahn.

 

Hintergrund

Die genaue Ursache eines Hörsturzes ist nach neuestem Kenntnisstand nach wie vor unbekannt. Insofern existiert keine kausale Therapieoption. Die Therapiemöglichkeiten wurden in den letzten Jahren sehr kontrovers diskutiert und die meisten Therapieempfehlungen haben sich als unwirksam herausgestellt.

Eine hoch dosierte Kortisontherapie wird nach der aktuellen Leitlinie der Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) „Hörsturz (akuter idiopathischer sensorineuraler Hörverlust)“ empfohlen, auch wenn der Nutzen dieser Therapie nach wie vor als unklar eingestuft wird.

Die hoch dosierte Kortisontherapie birgt jedoch das Risiko der Hyperglykämie (Blutzuckeranstieg), der Induktion eines Diabetes mellitus, des Auftretens psychischer Störungen wie z. B. Depression und der Nekroseentstehung (Gewebsuntergang).

Deshalb sollte auf diese Therapieform bei Patienten mit Diabetes mellitus, Bluthochdruck, Depressionen, Neigung zur Bildung von Magen-Darm-Geschwüren, Glaukomen und chronischen Infektionen verzichtet werden.

Mit der intratympanalen (Injektion direkt ins Mittelohr) Gabe von Kortison wird seit 1991/1996 zur Behandlung des M. Menière bzw. des Hörsturzes experimentiert. Die Vorteile dieser Therapieform bestehen in der guten Verfügbarkeit des Wirkstoffs an der Stelle, wo die Wirkung erwünscht ist (in der Schnecke des Innenohres), ohne dass systemische Nebenwirkungen zu erwarten sind.

Die ITC ist damit eine sinnvolle Alternative bei der Ersttherapie des Hörsturzes etc. bei Patienten die Kontraindikationen aufweisen gegen eine hoch dosierte Kortisontherapie.

Die Therapieempfehlungen variieren jedoch, ob sie generell parallel zur Hochdosis-Kortisontherapie oder als alleinige Ersttherapie durchgeführt werden sollte. Ein fester Stellenwert hat sich aber anscheinend als Therapiealternative nach erfolgloser hoch dosierter Kortisontherapie ergeben.

In der aktuellen Leitlinie „Hörsturz (akuter idiopathischer sensorineuraler Hörverlust)“ von 2014 wird die „intratympanale Applikation von Glukokortikosteroiden“ als Behandlungsversuch aufgeführt.

 

Praktisches Vorgehen

Nach der Betäubung des Trommelfells mit Lidocain und Prilocain, welches eine halbe Stunde einwirken sollte, wird mit einer feinen Nadel Dexamethason (ca. 25 mal stärker wirksam als Kortison) und ggf. Hyaluronsäure durch das Trommelfell in das Mittelohr injiziert, was einige Sekunden dauert. Durch den Temperaturunterschied kommt es vorübergehend zu einem Drehschwindel. Danach sollte der Patient für 10-20 Minuten auf dem „gesunden Ohr“ liegen, um das Dexamethason einwirken zu lassen. Diese Prozedur erfolgt 3-7 mal im Abstand von einigen Tagen je nach Therapieerfolg. Ich halte das Schema Montag-Mittwoch-Freitag-Montag-Mittwoch für das praktikabelste. Diese Therapieform wird nach meiner Erfahrung in ihrer Schmerzhaftigkeit sehr überschätzt. Bei der zweiten Injektion sind die Patienten schon sehr viel entspannter.

 

Therapieerfolg

In einer aktuellen Studie [1] zeigten 58 % der Patienten eine Besserung des Hörvermögens nach erfolgloser Hochdosis-Kortisontherapie.

 

Nebenwirkungen

Das Verfahren der intratympanalen Kortisontherapie gilt als sehr nebenwirkungsarm. Abgesehen von einer Erfolglosigkeit der Therapie treten selten bleibende Perforationen des Trommelfells und Einschränkungen des Geschmacksinns auf.

 

Literatur

1. G. Mühlmeier et al. (2015) Intratympanale Injektionstherapie bei therapierefraktärem Hörsturz. HNO 2015 /10: 698 – 706

2. C. Burkart et al. (2013) Intratympanale Dexamethasongabe. HNO 2013/2: 152-158

 

Links

Leitlinien der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften